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Magazin

K&P Corona-Stimmungsbarometer

14.10.2020

Chancen der Betriebsgastronomie in der Corona-Krise

Im März 2020 begann der Corona-Lockdown in Deutschland und schlagartig wurden viele Unternehmensbereiche ins Homeoffice verlagert oder Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Auch heute hat uns Corona noch immer alle im Griff, doch was bedeutet das eigentlich für die Betriebsgastronomie? K&P hat rund 50 Entscheider von Unternehmen befragt, in welchem Maß die Mitarbeiter wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind und die Betriebsgastronomie von der aktuellen Situation betroffen ist.

Mit dem Corona-Lockdown schlossen in Deutschland fast alle Betriebsrestaurants. Dort, wo der Betrieb weiterging, wurden Tische auseinandergerückt, Selbstbedienung eingeschränkt und massive Hygienemaßnahmen eingeführt. Jetzt kommt die Betriebsgastronomie mit kleinen Schritten wieder zurück. Über den Stand von Mitte September berichten wir im ersten Kapitel.

Langsam zeichnet sich jedoch ab, dass es in den wenigsten Unternehmen wieder wie vor der Pandemie sein wird. Und die Betriebsgastronomie? Sie wird sich umfassend verändern. Wenn die Mitarbeiter nur noch ein- bis zweimal in der Woche ins Büro kommen, wird Kommunikation im Mittelpunkt stehen. Was wichtiger wird oder schlechte Chancen hat, zeigen die Umfrageergebnisse des zweiten Kapitels. Die Befragten sicher: Die Betriebsgastronomie wird sich zwar ändern, aber an Bedeutung steigen.

Wie geht es nun weiter? Wie sehen die Konzepte für die Betriebsgastronomie der Zukunft aus? Die Meinungen der Branchenexperten und unsere eigene Vision lesen Sie im dritten Kapitel.

Im März 2020 begann der Corona-Lockdown in Deutschland und schlagartig wurden viele Unternehmensbereiche ins Homeoffice verlagert oder Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. K&P hat Entscheider von Unternehmen befragt, in welchem Maß die Mitarbeiter wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind und die Betriebsgastronomie von der aktuellen Situation betroffen ist.

Im März 2020 schlossen in Deutschland fast alle Betriebsrestaurants. Und dort, wo der Betrieb weiterging, wurden Tische auseinandergerückt, Selbstbedienung eingeschränkt und massive Hygienemaßnahmen eingeführt. Jetzt kommt die Betriebsgastronomie mit kleinen Schritten wieder zurück.

 

Homeoffice das New Normal?

K&P befragte Anfang September knapp 50 Verantwortliche in der Betriebsgastronomie, wie es derzeit um die gastronomische Versorgung der Mitarbeiter in ihrem Unternehmen steht und wie sie die Aussichten bewerten. Dabei zeichnete sich ein klarer Trend ab: Produzierende Unternehmen haben ihre Restaurants häufig auch während des Lockdowns aufrechterhalten und viel auf To-Go und Belieferung an den Arbeitsplatz verlagert. Inzwischen sind in diesen Unternehmen teilweise wieder bis zu 80% der Mitarbeiter im Betrieb. Im Gegensatz dazu befinden sich Mitarbeiter aus den Bereichen des Telekommunikations-, IT- und Finanzsektors bis heute zum großen Teil im Homeoffice, entsprechend sind die Betriebsrestaurants geschlossen. „Homeoffice wird für mindestens 70% der Mitarbeiter bis Ende des Jahres als Standard beibehalten!“, so Thomas Walter, Geschäftsführer der R+V Dienstleistungs-GmbH in Wiesbaden. Die Spannbreite ist also sehr weit, durchschnittlich sind demnach 45% der Mitarbeiter in den befragten Unternehmen wieder am Arbeitsplatz. Die Cateringverantwortlichen sind sich jedoch durchgängig sicher: Homeoffice wird ein wesentlicher Bestandteil bleiben und die ehemaligen Präsenzzahlen werden wohl nicht mehr erreicht werden.

 

Betriebsrestaurants fast leer

Die Auswirkungen auf die Betriebsgastronomie sind daher fatal. Kein Unternehmen hat die bisherigen Tischgastzahlen wieder erreicht. „Angesichts der Abstandsregelungen ist unsere Kapazität auch nur noch bis maximal 30% ausbaufähig“, so ein Verantwortlicher aus dem Versicherungswesen. Einige Unternehmen bieten das Mittagessen auch zur Mitnahme an den Arbeitsplatz an. Nur ein Viertel der Befragten gab an, dass mehr als 40% der Tischgastzahlen wieder erreicht sind. Im Durchschnitt werden gerade einmal 33% der Tischgastzahlen in den geöffneten Kantinen gemessen. Und rund 20% der Betriebsrestaurants bleiben weiterhin ganz geschlossen, hier haben teilweise Kaffeebars und Shops die Grundversorgung übernommen. Dementsprechend ist das Angebot zwar stark eingeschränkt, das Gastroteam versucht aber, die wenigen Gäste mit besonderer Qualität, speziellen Angeboten und Freundlichkeit zum Besuch zu animieren.

 

Natürlich setzt die Situation insbesondere die Cateringunternehmen unter großen Druck. „Wir haben von den meisten Unternehmen viel Unterstützung erfahren, denn es ist ihnen bewusst, wie wichtig wir als Dienstleister für den Zusammenhalt im Unternehmen sind“, sagt Jürgen Vogl, Geschäftsführer von Aramark. Gleichzeitig stellt der massive Einbruch alle Betreiber unter enormen Druck, denn das lukrative Geschäft der Konferenzbewirtung und der Events ist fast völlig zum Erliegen gekommen. Auch Cafébars und Shops lassen sich teilweise nicht mehr wirtschaftlich betreiben.

Trotzdem gibt es auch in Zeiten von Corona noch Neueröffnungen von Betriebsrestaurants. „So konnten wir unser neues Streetfood-Restaurant Anfang August in einer Soft-Opening-Phase langsam anfahren und optimieren“, berichtet Bernd Hartkopf von der Union Investment in Frankfurt.

 


 

 

Es zeichnet sich ab, dass auch nach Corona viele Mitarbeiter zukünftig häufiger zuhause arbeiten werden und daher seltener in die Unternehmen kommen. Mobile Working wird ein Teil des New Normal, Videokonferenzen werden teilweise die Präsenz im Unternehmen ersetzen. K&P hat rund 50 Verantwortliche nach der zukünftigen Bedeutung der Betriebsgastronomie befragt.

Die Experten sind sich sicher: wenn Mitarbeiter seltener im Büro sein werden, wird sich auch das Verpflegungsverhalten verändern. Für die Tage im Homeoffice entwickeln sich neue Verpflegungsalternativen jenseits der Kantine. Ob sie selbst mehr kochen, die Gastronomie im Umfeld nutzen oder Fertiggerichte zubereiten – das Betriebsrestaurant wird einen anderen Stellenwert einnehmen und die Tischgäste mit mehr als nur einem guten Essen überzeugen müssen. Die Tage im Büro hingegen werden zunehmend von persönlichem Austausch bestimmt sein.  
 

Betriebsgastronomie wichtiger – aber anders! 

Zwei Drittel der Branchenexperten sehen die Bedeutung der Betriebsgastronomie im Unternehmen zukünftig deutlich wachsen. Dabei wird sich aber der Stellenwert der einzelnen Angebote in der Betriebsgastronomie verändern.

 

Die klassische Trennung zwischen Haupt- und Zwischenverpflegung wird jedoch noch weiter aufgehoben, denn nach Corona werden ganztägige Konzepte gefragt sein. „Das Betriebsrestaurant wird die Kommunikationsplattform der Unternehmen in einer digitalen Arbeitswelt werden“, ist sich Jörg Ertel, Group Leader Catering bei Vodafone, sicher.

Das warme Mittagessen steht dabei nicht mehr allein im Mittelpunkt. Die Gastronomie wird noch mehr das Wohnzimmer des Unternehmens sein, in dem Essen und Trinken eine wichtige Begleitfunktion haben. Das ganztägige Angebot der Kaffeebars, Delis oder Bistros wird somit eine noch wichtigere Aufgabe übernehmen, um das kommunikative Umfeld zu schaffen, in dem der persönliche Austausch nachgeholt wird, der im Homeoffice nur schwer möglich ist. „Die Betriebsgastronomie wird das WIR-Gefühl im Unternehmen stärken, das den Mitarbeitern im Homeoffice oft abhandengekommen ist“, meint ein Experte eines internationalen Unternehmens aus der Lebensmittelbranche.

 

„Mobile Canteen“ als Zukunftstrend

Wenn die Mitarbeiter mobiler werden, wird es das Essen auch werden müssen. Daher sieht die überwiegende Zahl der Befragten To-Go Angebote als den Hauptgewinner der Angebotsformen. „Dies wird eine der großen Herausforderungen werden, To-Go Angebote nachhaltig aber auch hygienisch sicher zu gestalten“, ist für eine befragte Expertin klar. Auch Lösungen für die Mitnahme der Speisen nach Hause werden von den Branchenkennern große Zukunftsaussichten vorhergesagt.

Inhouse Delivery wird demnach zukünftig auch eine Option sein, die dem Trend zu dezentralen, mobilen und kleineren Einheiten Rechnung trägt.

Selbstbedienung wird für die Zukunft durchweg kritisch gesehen. Es wird lange dauern, bis das Vertrauen in SB-Angebote nach Corona wieder hergestellt sein wird. Da Konferenzen zukünftig vielmehr digital stattfinden werden, sind die Prognosen für den häufig wirtschaftlich lukrativen Bereich bei den meisten Befragten düster. Wenn das Konferenzgeschäft wegbricht, wird das bislang übliche Konzept der Quersubventionierung vieler herkömmlicher Cateringverträge nicht mehr aufgehen.

 

Was bedeuten die Veränderungen für die Betriebsgastronomie von morgen? Dies berichten wir in unserem dritten und letzten Teil unserer Expertenumfrage.


 


Unsere Umfrage hat eines deutlich gemacht: Das Konzept der heutigen Betriebsgastronomie passt in den wenigsten Fällen zu den Anforderungen des „New Normal“. Küchen und Gasträume sind meist zu groß und in der Funktionalität zu sehr auf das Mittagessen fokussiert.  Das Businessmodell der klassischen Betriebsgastronomie gerät ins Wanken: Die meisten Cateringverträge müssen auf eine neue Basis gestellt werden und die Kantinenrichtlinien gehören nach 65 Jahren in Rente geschickt.
Während die meisten Betriebsgastronomien derzeit auf Sparflamme kochen und die Tischgastzahlen meist nur verhalten wieder ansteigen, arbeiten die Fachabteilungen der Unternehmen intensiv an der „Betriebsgastronomie nach Corona“.

 

New Work heißt auch New Eat

„New Normal“ heißt für die meisten Unternehmen zunächst, eine neue Arbeitskultur rund um mehr Homeoffice und Flexibilität zu entwickeln. Etliche Unternehmen arbeiten bereits seit Jahren an „New Work“-Konzepten, aber Corona wirkt nun als Beschleuniger dieser Veränderungsprozesse. Als „Wohnzimmer des Unternehmens” kommt der Gastronomie in den neuen Arbeitswelten eine wichtige Rolle zu, um die neue Art der Zusammenarbeit erfolgreich zu etablieren.
Auch der Megatrend der Digitalisierung bekommt durch Corona einen Schub in der Betriebsgastronomie. Um bei geringerer Sitzplatzkapazität dem Ansturm gerecht zu werden, hat z. B. die Telekom in ihren Restaurants ein digitales Auslastungsbarometer konzipiert, mit dem potenzielle Kantinengäste schon vom Arbeitsplatz aus prüfen können, ob gerade Plätze frei sind oder die Kantine voll ist. „Da ein für uns passgenaues und vor allem präzises System nicht kurzfristig auf dem Markt verfügbar war, haben wir uns kurzerhand entschieden, selbst ein solches Auslastungstool zu programmieren. So können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Pause optimal legen und Wartezeiten vermeiden“, berichtet Christof Heinrichs, zuständig für das Zentrale Catering Management der Deutsche Telekom AG.

 

Betriebsgastronomie wird neu gedacht

Wenn Corona langfristig überwunden ist und die Mitarbeiter weiterhin seltener ins Unternehmen kommen, wird die bestehende Gastronomie eher überdimensioniert sein. „Letztlich bietet sich die Chance für eine grundsätzliche Transformation der Gasträume in ganztägige, multifunktionale Kommunikationsflächen, die eine neue Form der Zusammenarbeit und dazu passend ein kreatives gastronomisches Angebot ermöglichen!“, sieht Susanne Schölzel, Catering-Verantwortliche bei der Deutsche Bank AG.
Veränderte Arbeitsbedingungen, weniger Konferenzen und Tischgäste, neue Hygieneregeln etc. – die bisherigen Konzepte der Betriebsgastronomie müssen überdacht werden. Auch die bestehenden Verträge mit den Dienstleistern passen nicht mehr zur neuen Situation. „Alle Budgets müssen neu kalkuliert und die Verträge müssen flexibler werden, um auf die Veränderungen reagieren zu können“, unterstreicht ein Verantwortlicher für Betriebsrestaurants an mehreren Standorten in ganz Deutschland.

 

Bedeutet Corona das Aus für die Behördenkantine?

Nur wenige der Befragten fordern eine Unterstützung der Politik. Zwar hilft Kurzarbeitergeld die Catering-Teams mittelfristig an Bord zu halten, die Mehrwertsteuersenkung hilft der Betriebsgastronomie jedoch kaum.

Für Behörden und öffentliche Unternehmen steht die Betriebsgastronomie nach Corona vor einer kaum lösbaren Aufgabe: Weniger Tischgäste und einbrechende Umsätze im Konferenz- und Veranstaltungsbereich lassen das Businessmodell nach den Bundeskantinenrichtlinien zusammenbrechen. Die Richtlinien untersagen es öffentlichen Auftraggebern, den Betreiber oder die Tischgäste direkt zu subventionieren. „Daher sind Kantinen in Behörden und öffentlichen Einrichtungen von einer massiven Schließungswelle bedroht“, ist sich ein Gastronomieverantwortlicher sicher.

Demnach verwundert es nicht, dass im Ergebnis der überwiegende Teil der Befragten aus öffentlichen Einrichtungen eine Anpassung der Bundeskantinenrichtlinien fordert. Denn vielmehr sei es wichtig, gerade im Sinne des betrieblichen Gesundheitsmanagements, eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz zu ermöglichen und zu fördern.

 

Das neue Credo: Blick nach vorn!

Corona bedeutet also für die Branche eine Zäsur, die grundlegende Veränderungen für die kommenden Jahre und für viele Einrichtungen schwere Einschnitte bedeutet. Gleichzeitig ist es auch eine Chance, die Betriebsgastronomie viel stärker in den Unternehmen zu verankern und zu einem neuen Selbstverständnis jenseits der Sozialleistung zu gelangen. Daher sind wir alle gefordert, die neuen Anforderungen der Post-Corona-Unternehmen aufzugreifen und die neue Betriebsgastronomie jetzt zu entwickeln und zu etablieren.