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Günter Kuhn – K&P
Magazin

Die Betriebsgastronomie in der Corona-Krise

05.05.2020

Die Corona Krise hat uns alle im Griff. Mit dem Lockdown ist die Welt in eine Schockstarre gefallen. Nun werden langsam die Beschränkungen gelockert und Schritt für Schritt beginnt auch die Wirtschaft wieder die Arbeit aufzunehmen.

Nur wie stark sind die Einschnitte? Was hat sich in der Betriebsgastronomie verändert? Und wie sind die Aussichten? Günter Kuhn, der die Branche nun schon seit 40 Jahren kennt und begleitet, hat einige Verantwortliche führender Unternehmen nach ihrer derzeitigen Situation telefonisch interviewt und um eine Aussicht gebeten. Hier die Essenzen:

Betriebsgastronomie fast vollständig runtergefahren

Zunächst geht es fast allen Unternehmen gleich. Franz Josef Engels, Leiter Verpflegung und Catering, Freudenberg Verpflegungsdienste KG: „Der Lockdown hat sich brutal auf das Geschäft ausgewirkt!“ In fast allen Unternehmen ist die Betriebsgastronomie auf ein Minimum zurückgefahren, überwiegend sind Einbußen von 80 % bis 90 % der Tischgäste zu verzeichnen. Andere Einrichtungen, wie zum Beispiel Mensen, sind ganz geschlossen. Für die verbleibenden Gäste gibt es radikale Einschränkungen: Keine Selbstbedienung, keine Salatbar und auch das Besteck wird fertig gewickelt ausgegeben. Und: häufig ist die klassische Restaurantversorgung ganz eingestellt und es gibt lediglich Lunchpakete.

Mittelfristig starke Einschränkungen

Auch mittelfristig wird nicht mit einer wesentlichen Erholung gerechnet. Solange Corona nicht besiegt ist, wird die Betriebsgastronomie nur eingeschränkt agieren können. Und man wird sich langsam an die „neue Normalität“ heranarbeiten müssen. Jörg Lüken, Geschäftsführer, Akademisches Förderungswerk AöR: „Es wird sich viel verändern, alle Konzepte müssen überdacht werden, insbesondere bzgl. behördlicher Auflagen!“ Neben Handschuhen und Mundschutz belastet auch der Entfall der Selbstbedienung die Betriebsgastronomie. Auch Tischgastzahlen, wie vor der Krise, sind vorerst nicht zu erwarten. Zurückgefahrene Produktion, Kurzarbeit und Home-Office werden den Andrang weiterhin massiv reduzieren. Zudem wird auch die Kapazität der Restaurants durch die Abstandsregeln stark verringert. An einen dreifachen Stuhlumschlag wird lange nicht zu denken sein.

Wirtschaftlich katastrophal

Dies schlägt sich in heftigen Umsatzeinbußen nieder – bei gleichzeitig hohen Kosten. Da auch das Konferenzgeschäft, ein wesentlicher Umsatzbringer, aufgrund von Reisebeschränkungen und dem Durchbruch von Videokonferenzen, für die nächste Zeit stark reduziert sein wird, sind die betriebsgastronomischen Einrichtungen nun nicht mehr wirtschaftlich zu führen. Für die meisten Einrichtungen ein wirtschaftliches Desaster.

Aber: Betriebsgastronomie wird noch wichtiger!

Und die Aussichten? Die Branche sieht eindeutig Delivery und To Go als die Gewinner. Alle Formen der Selbstbedienung und auch der persönliche Service werden es in der nächsten Zeit sehr schwer haben. Susanne Schölzel, Direktor Client Services Germany, Deutsche Bank AG: „Wir müssen flexibel sein und dort anbieten, wo und wann überhaupt noch gegessen wird!“ Und die Digitalisierung wird all die Entwicklungen begleiten und forcieren.

Langfristig sehen die Verantwortlichen den Stellenwert der Betriebsgastronomie eher noch zunehmen, als zurückgehen. Jürgen Vogl, Vorsitzender der Geschäftsführung, Aramark Holding Deutschland GmbH: „Sobald der Impfstoff vorliegt wird es wie früher sein!“ Gerade auch, wenn Mitarbeiter durch mehr Home-Office seltener im Unternehmen sind, steigt die Bedeutung des Betriebsrestaurants als Kommunikationstreffpunkt. Sascha Witt, Geschäftsführer, Bayer Gastronomie GmbH ist sich sicher: „Das Standing der Betriebsgastronomie wird sich eher noch erhöhen.“ Denn „.. die Betriebsgastronomie ist das Blut des Unternehmens!“, wie Thomas Walter, Abteilungsdirektor, der R+V Versicherung AG betont.

Bei den zukünftigen Essenszahlen sind sich die Befragten je nach Unternehmen nicht einig. Während etwa die Hälfte der Befragten auch langfristig mit 15-30 % weniger Tischgästen rechnet, ist sich die andere Hälfte sicher: Spätestens in ein bis zwei Jahren sind wir wieder auf dem gleichen Stand wie vor der Krise!

Jetzt neue Konzepte schmieden!

Günter Kuhn sieht ebenfalls bewusst positiv in die Zukunft: „Auch wenn jetzt Durchhaltevermögen und das Verarbeiten schwerer Einschnitte gefragt ist, jetzt ist der Moment, um neue Lösungen und Konzepte zu entwickeln, die die absehbaren Veränderungen aufgreifen und langfristig neue Chancen in der Betriebsgastronomie ermöglichen!“

Wir danken den Teilnehmenden für den aktuellen Trendbericht!

  • Michael Buchzyk, Leiter der Gastronomie und Konferenzinfrastruktur, Deutsche Bundesbank
  • Franz Josef Engels, Geschäftsleiter, Freudenberg Verpflegungsdienste KG
  • Dieter Gitzen, Geschäftsführer, Sodexo Services GmbH05
  • Bernd Hartkopf, Services & Logistik-Management, Union Investment Privatfonds GmbH
  • Christian Hadrossek, Geschäftsführer, Genuss & Harmonie Holding GmbH
  • Jörg Lüken, Geschäftsführer, Akademisches Förderungswerk AöR
  • Andreas Marth, Head of Division Infrastructure Services, Heraeus Site Operations GmbH & Co. KG
  • Egmont Merté, Leiter Gastronomie, Allianz Deutschland AG
  • Susanne Schölzel, Direktor Client Services Germany, Deutsche Bank AG
  • Gerd Schulte-Terhusen, Abteilungsleiter Hochschulgastronomie, Studierendenwerk Essen-Duisburg AöR
  • Jürgen Vogl, Vorsitzender der Geschäftsführung, Aramark Holding Deutschland GmbH
  • Thomas Walter, Abteilungsdirektor, R+V Versicherung AG
  • Sascha Witt, Geschäftsführer, Bayer Gastronomie GmbH